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Laudatio
Laudatio von Bürgermeister christian zuber
Wir haben soeben ein Lied („Time“ von Hans Zimmer aus dem Film Inception) gehört, welches das Orchester auch zur diesjährigen Abiturverabschiedung gespielt hatte. Ich hatte mir gewünscht, ob wir dieses Lied nicht vor der Laudatio auf die heutigen drei Personen spielen können. Denn alle drei haben in ihrem bisherigen Leben vieles aus der ihnen zur Verfügung stehenden Time/Zeit gemacht und enormes geleistet. Im Film „Inception“ geht es u.a. darum, ob Dinge im Traum oder in der Wirklichkeit passieren. Unsere drei zu Ehrenden haben Vieles im realen Leben geschafft und dabei sicherlich auch den ein oder anderen Traum verwirklicht. Möglicherweise ist auch der ein oder andere Traum geplatzt, aber sie alle haben vieles bewegt und bewirkt.
Die Bürgermedaille der Stadt Münchberg ist die höchste Auszeichnung, welche die Stadt Münchberg an Personen vergibt, die sich um das Gemeinwohl und das Ansehen der Stadt Münchberg besonders verdient gemacht haben. Nicht mehr als 15 lebende Personen dürfen die Bürgermedaille verliehen bekommen. Daran sieht man schon, dass die Stadt mit dieser Ehrung sehr sorgsam und gewissenhaft umgeht und bewusst auswählt, wer Träger der Bürgermedaille sein soll. Alle drei zu Ehrenden sind Botschafter unserer Stadt, da sie zum einen hier in Münchberg gewirkt haben bzw. eng mit ihrer Heimatstadt verbunden sind und weil sie zum anderen auch den Namen unserer Stadt positiv nach außen vertreten. Und sehen Sie mir es jetzt schon nach, dass ich nicht alle Verdienste, Funktionen und Aufgaben heute ausführen kann, sondern exemplarisch darstellen werde, warum sich der Stadtrat, der mindestens mit 2/3 – Mehrheit diese Auszeichnung beschließen muss, für eine Verleihung der Bürgermedaille an Reiner Schneider, Siegfried Geisler und Professor Dieter Raithel ausgesprochen hat.
Lieber Reiner Schneider.
Auch du blickst mittlerweile auf eine lange, bewegte und erfolgreiche Zeit zurück – und dies in mehreren Bereichen. In der Kommunalpolitik, im Sport, im Vereinsleben bzw. deinem ehrenamtlichen Engagement und in deinem beruflichen Leben. Zu letzterem: Ich habe einen Artikel über deine Verabschiedung als Schulleiter der Parkschule gelesen. Darin wirst du folgendermaßen zitiert: „Es war eine tolle Zeit, die ich als Lehrer habe genießen dürfen.“ Und weiter heißt es: Einen Dank adressierte er an seine Frau Erika. Bei ihm hatte er als einstiger Theologiestudent Praktikum gemacht und Gefallen daran gefunden, wie sie mit den Kindern umgegangen ist. Spontan habe er ein Lehramtsstudium angehängt. Um seine Schwächen wissend – zu spontan, zu ungeduldig, überschäumendes Temperament, nicht immer bequem, zu wenig konsequent und manchmal zu laut – leistete er bei all jenen Abbitte, die er im Eifer des Gefechts verletzt hatte. „Ich wollte immer den Mitmenschen gerecht werden.“ So manche Eigenschaft können sicherlich der/die ein oder andere hier im Raum bestätigen. Du hast in deinen 11 Jahren als Schulleiter dank deiner Ideen und deines nimmermüden Wirkens der Schule deinen persönlichen Stempel aufgedrückt, u.a. bei der Errichtung der Pausenhalle, der Gestaltung des Pausenhofs, der Einführung eines Computerraums oder der Umsetzung eines Farbkonzepts, mit dem die Wände von Fluren und Klassenzimmern farbige und lebendige Anstriche erhielten. Ein bisschen Wehmut darf deshalb sein (ging mir auch so), als die Parkschule vor wenigen Jahren abgerissen wurde. Aber auch hier hast du diese Entscheidung im Stadtrat mitgetragen, um der Zukunft unserer Kliniken nicht im Wege zu stehen und unsere kommunalen Kliniken weiterzuentwickeln. Deine Stadtratstätigkeit begann im Mai 1984 und du bist nun über 40 Jahre Mitglied (14764 Tage) des Münchberger Stadtrates und somit momentan der älteste und dienstälteste Stadtrat. In den Stadtrat bist du jedoch nicht über die SPD-Liste gekommen, sondern über die „Münchberger überparteiliche Bürger“ (MÜB-Liste) und wurdest mittlerweile, dann über die SPD-Liste, sechsmal wiedergewählt, beim letzten Mal 2020 sogar von Platz 23 aus. Und als du davon erfahren hast, dass der Stadtrat dir die Bürgermedaille zuspricht, hast du beim Besuch des Wirtshauses nach der Sitzung gesagt: „Mensch, da fühlt man sich ja gleich wieder jung und angespornt, vielleicht trete ich ja doch nochmal an.“ Ja wer weiß!
In deiner Zeit im Stadtrat warst du in den verschiedensten Ausschüssen tätig, dabei lange Zeit im Haupt- und Finanzausschuss (1984-2014), im Sport- und Kulturausschuss (1984-2002) sowie seit nun über 10 Jahren im Bauausschuss. Und du warst 12 Jahre lang Fraktionssprecher der SPD (1990-2002) sowie danach noch stv. Fraktionsvorsitzender (2002-2008). Sicherlich auch eine intensive Zeit, wenn man an die politischen Wortgefechte zwischen dir und deinem Schwager Lothar Böhm als CSU- Fraktionssprecher denkt. Die Energie und die Leidenschaft für die kommunale Arbeit hast du dir bis heute behalten und gerade die Jüngeren profitieren von deinem Wissen und deiner Leidenschaft. Dass es dabei auch manchmal emotional und laut zugehen kann, habe auch ich zum Beispiel mal als junger Stadtrat zu spüren bekommen, als du mal eine Fraktionssitzung wegen der Meinung eines „Jungspunds“ verlassen hast. Aber paar Tage später im Stadtrat war alles wieder gut und auch ich habe viel gelernt von dir, wie Kommunalpolitik funktioniert und tickt. Danke ganz persönlich hierfür.
18 Jahre lang warst du auch Sportreferent des Stadtrates, wo du dich immer für die Belange des Sports in Münchberg starkgemacht hast. Kein Wunder also, dass du im selben Jahr, nämlich 2002 (und dann für stolze 17 Jahre) auch Vorsitzender des Stadtverbandes der Münchberger Sportvereine warst. Dem Sport warst du schon vorher verbunden. Natürlich bist du Mitglied in diversen Vereinen, jedoch war dein Amt als Vorsitzender des Turnvereins Münchberg von 1983 bis 2001 sicherlich eines deiner wichtigsten, spannendsten und prägendsten Ämter im Sportbereich. In deine Zeit als Vorsitzender fiel unter anderem der Umbau der TVM- Halle in eine Mehrzweckhalle. Als Vorsitzender des Stadtverbandes warst du hauptverantwortlich für die Belange der Sportvereine und hast dich zudem um die Mittelvergabe sowie die Veranstaltung verschiedenster Sportveranstaltungen (z.B. den Städtelauf Münchberg-Helmbrechts) gekümmert. In dieser Funktion hast du auch für den Erhalt der städtischen Sportmittel gekämpft und deren Bedeutung immer emotional und vehement vertreten. Dein Bestreben war es zudem, dass Schulmannschaften bei den Sportlerehrungen berücksichtigt werden, du hast aktiv an der neuen Ehrensatzung mitgewirkt und du bist stolz darauf, dass die Sportler nun beim Bürgerempfang in großer Öffentlichkeit geehrt werden, was den Stellenwert und die Wertschätzung nochmals erhöht hat. Sowohl im Turnverein als auch im Stadtverband der Münchberger Sportvereine bist du aufgrund deiner großen Verdienste jeweils zum Ehrenvorsitzenden ernannt worden. Aber es gibt nicht nur das sportliche ehrenamtliche Engagement, dass ich hervorheben möchte: 2015 erlebten wir eine der größten Flüchtlingsbewegung der letzten Jahrzehnte. Zusammen mit deiner Frau Erika hast du dich von Anfang an mit viel Einsatz und Leidenschaft in der Flüchtlingsarbeit engagiert. Ihr habt euch insbesondere einer Familie angenommen, die ihr zurecht mittlerweile als eure Familie bezeichnen könnt. Und wie gelungene Integration aussehen kann, zeigt sich exemplarisch an Familie Alhendi und speziell deren jüngsten Sohn Reiner. (unterstreicht die Verbindung…Elternabend letzte Woche… komme ein bisschen später zur Fraktion)…!
Für dein jahrzehntelanges Wirken hast du verschiedene Auszeichnungen erhalten: die Kommunale Dankurkunde 2002, das Ehrenzeichen für Verdienste im Ehrenamt 2012 und die Kommunale Verdienstmedaille in Bronze 2019. Nun kommt eine weitere hinzu, die höchste Auszeichnung deiner Heimatstadt, nämlich die Bürgermedaille. Herzlichen Glückwunsch.
Lieber Siegfried Geisler.
Auch bei Ihnen habe ich – ähnlich wie bei Reiner Schneider – mal in den Zeitungsartikel Ihrer Verabschiedung geschaut. Die Überschrift lautete „Die Taschentücher konnte Geisler steckenlassen“, in Anspielung darauf, dass Sie vorsichtshalber mal fünf Taschentücher eingepackt hatten, sollte es zu emotional werden. Aber eines geht aus dem Artikel deutlich hervor, wenn man etwas über Sie und Ihre Eigenschaften erfahren möchte: hohes Ansehen, hilfsbereite und aufopfernde Art, große persönliche Bescheidenheit, Behutsamkeit und Herzensgüte und ein großes Kompliment: „Er war immer überzeugend Vorbild.“
Sie wurden in Breslau geboren, nach der Flucht 1945 konnten Sie 1954 das Abitur in Schwandorf ablegen. Dann Studium in Erlangen (alle drei haben also Erlanger „Time“ in ihrer Biografie) und dann über die Stationen Regensburg, Pegnitz und Cham nach Münchberg. Und hier sind Sie hängen geblieben, zunächst als Studienrat für Deutsch, Geschichte und Erdkunde, und letztlich wurden Sie bereits 19 Jahre nach Ihren beruflichen Anfängen in Münchberg Stellvertreter des Schulleiters und ab 1981 bis 1999 Schulleiter. Wichtige Weichenstellungen haben Sie während Ihrer Schulleiterzeit getroffen, wie z.B. den Ausbau der Bibliothek, die Sanierung des Altbaus oder die Renovierung der Aula. Und auch am Aufbau des Schüleraustausches mit französischen und irischen Schulen (der bis heute noch lebt und gelebt wird) waren Sie maßgeblich beteiligt. Ich durfte Sie in Ihrer Funktion als Schulleiter das erste Mal während meiner eigenen Schulzeit kennenlernen. Ich hatte Sie aber leider nicht als Lehrer – außer in Vertretungsstunden – und bis auf einen nahenden Klassenverweis für die gesamte 8b wegen des Unter-Rauch-Setzens des Klassenzimmers bei Doris Rothstein, wo wir gemeinsam bei Ihnen im Direktorat antreten mussten, auch wenig direkten Kontakt. Bei meinem Abitur 2000 waren Sie schon im wohlverdienten Ruhestand.
Im Jahresbericht anlässlich Ihres Eintritts in den Ruhestand ist folgendes zu lesen: „Herr Geisler hat ein Leben lang bei großer persönlicher Bescheidenheit seine ganze Kraft der Bildung und Erziehung junger Menschen gewidmet.“ Und ich füge hinzu: nicht nur junger Menschen! Von 1979 bis 2003 waren Sie Leiter der VHS Münchberg und haben mit Werner Wagner als Stellvertreter und Geschäftsführer Siegfried Spiegelhauer ein Konzept entwickelt, dass das Interesse der Münchberger Bevölkerung an der Volkshochschule und somit an den Angeboten der Erwachsenenbildung weckte. Es ist auch Ihr Verdienst, dass sich die Volkshochschule Münchberg positiv entwickeln konnte und mittlerweile die einzige eigenständige Volkshochschule im Hofer Land ist. 2001 wurden Sie für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Leiter der VHS Münchberg mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt ausgezeichnet.
Des Weiteren waren Sie viele Jahre Leiter des Arbeitskreises Stadtgeschichte, nämlich von 1994 bis 2014 und haben sage und schreibe 5 Bände herausgebracht (aufzählen und mitnehmen). In all diesen Büchern spiegelt sich Ihre Verbundenheit mit Münchberg und seiner Geschichte, aber natürlich auch die aus Ihren Lehrfächern resultierenden Interessen und die Leidenschaft für Bildung wider. Vielleicht gibt es ja nochmal ein 6. Buch?
Darüber hinaus waren und sind Sie mit der Kirchengemeinde eng verbunden. So waren Sie von 1970 bis 1994, also 24 Jahre lang, Mitglied des Kirchenvorstands, arbeiteten im Gemeindebriefteam mit und waren aktiv in der Kindergottesdienstarbeit sowie im Kirchenchor. Und Sie sind immer noch aktiv: Sie arbeiten im Geburtstagsbesuchsdienst mit (wo wir uns ja des Öfteren auch mal sehen, wenn politische und kirchliche Gemeinde gemeinsam die Jubilare besuchen), Sie tragen noch den Gemeindebrief aus und haben auch bei der nun anstehenden Kirchenvorstandswahl eine Funktion inne, nämlich im Vertrauensausschuss.
Zu Ihren Abschiedsgeschenken als Schulleiter gehörten damals auch Anorak und Wanderstab mit Brotzeitbeutel. Ich hoffe, Sie konnten dies auch in Ihrem beruflichen Ruhestand ausgiebig nutzen, denn wenn man sieht, wo Sie in Ihrer Ruhestandszeit (Time) Spuren in Münchberg hinterlassen haben, bleibt dafür nicht mehr so viel Zeit. Auch heute sieht man Sie immer noch mit Walking- Stöcken, wenn Sie in der Stadt unterwegs sind oder nutzen eifrig das Münchberger Schwimmbad.
Für Ihr vielfältiges Engagement zeichnet Sie nun Ihre Heimatstadt Münchberg, in der Sie seit über 60 Jahren arbeiten, wohnen und wirken, mit der Bürgermedaille aus. Herzlichen Glückwunsch.
Lieber Professor Dieter Raithel.
Auch bei Ihnen gibt es wie bei den beiden anderen zu Ehrenden die Zeiten in Münchberg und Erlangen. Sie besuchten hier in Münchberg die Volksschule, nämlich die Parkschule bis 1950 und dann die städtische Oberrealschule bis zum Abitur 1959. Ihr Vater war dort Studienrat für Chemie, Biologie und Erdkunde. Und dann ging es von Münchberg wahrlich in die weite Welt und Sie wurden einer der renommiertesten und international anerkanntesten Gefäßspezialisten der Welt. Sie haben in Ihrem Leben eine Vielzahl an Auszeichnungen erhalten, darauf kommen wir sicherlich noch, darunter das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse 2007 sowie den Bayerischen Verdienstorden 2012. Die Verbindung nach Münchberg ist jedoch nie abgerissen – auch wenn die Zeit in Ihrer Funktion wahrscheinlich auch immer gut durchgetaktet war und wenig Zeit für Außerberufliches blieb. Ich erinnere mich an unsere Begegnungen in den letzten Jahren, entweder im Cafe Frey oder an der Bratwurstbude in der Stadt, wo Sie immer gerne hingehen, wenn Sie in Münchberg sind. Über Ihr Leben kann aber eine Person – ein langjähriger Weggefährte - sicherlich viel mehr und besser berichten als ich, nämlich Professor Werner Hohenberger. Als wir letzte Woche nochmals telefoniert haben und uns abgesprochen haben, habe ich gemerkt, dass es keinen besseren geben kann, der die Laudatio auf Sie halten kann.
Professor Dr.Werner Hohenberger, Ehrenbürger von Helmbrechts übernahm dann den persönlichen und fachlichen Part. Er kennt den Geehrten seit 66 Jahren und hat von ihm gelernt. Er fasst zusammen, was in Münchberg vielleicht gar nicht so bekannt ist: „Du bist ein weltberühmter Gefäßchirurg mit zahlreichen Auszeichnungen, bist Ehrenprofessor in Shanghai, hast über tausend Vorträge auf der ganzen Welt gehalten und zahlreiche Publikationen veröffentlicht.“ Mit Talent allein sei das nicht möglich, findet Hohenberger. Um so gut zu werden, brauche man jede Menge Fleiß. „Du konntest operieren, was andere sich nicht zugetraut haben.“ Dabei habe ihn nie das Gespür verlassen, ob die OP auch wirklich notwendig ist. „Heutzutage wird zu viel operiert“, kritisiert Hohenberger. Raithel hingegen, der Chefarzt für Gefäßchirurgie im Klinikum Süd in Nürnberg war, habe Patienten auch die Wahrheit gesagt, wenn sie durch Abnehmen oder Verzicht auf Alkohol einen Eingriff verhindern konnten. Gelächter bei den Gästen erntet Hohenberger als er von Raithels unermüdlichem Arbeitseifer erzählt. „An Wochenenden warst du hippelig und erst zufrieden, wenn du am Samstag doch noch operieren konntest.“ Auch ein Lionel Messi habe weitertrainiert, als die anderen Fußballer schon in der Kabine saßen. „Man muss schon ein bisschen verrückt sein, um so weit zu kommen!“
Herzlichen Glückwunsch zur höchsten Auszeichnung der Stadt Münchberg!